Björn Kiehne
An deinem Bett
Im Abendlicht,
das das Zimmer gelb,
und die Adern auf
deinen Armen blau wie
Flüsse leuchten lässt,
erinnere ich mich an dich:
du, umgeben von Rauch,
wie ein griechisches Orakel,
das Kartoffelpuffer macht,
wie du den Schiedsrichter
im Fernseher anschreist,
empört darüber, dass er
das Foul nicht sieht
und in deinem Sessel
mit langen Nadeln
bedeutungsvolle Muster
in meinen Pullover strickst.
Nun drückst du meine Hand,
legst die Fäden nieder,
verstrickst sie nicht,
lässt die Flüsse herzwärts
fließen und mich im Abendlicht.
11. August 2024 17:38
Christian Lorenz Müller
ANZENTAL (PASTORALER ABEND)
Spätes Licht flaumt über den Hügeln,
feines Unterkleid des Tages,
Dörfer brüten, schnabeln sich
mit ihren Kirchtürmen zu.
Hangabwärts gehend quere ich Gerupftes,
ein Stoppelfeld, gleich daneben flattert Mais
nervös in einem Windstoß,
setzt sich wieder zurück ins Dunkle,
und im aufgehackten Ei des Mondes
dottert ein Rest Geheimnis,
tropft ins Bachtal, wo die Erlen
sich schwarzfedrig sammeln zur Nacht.
Mirko Bonné
Unter Rosen
Plötzlich unter den Rosen,
Worte über meinesgleichen
auf den Lippen und meine
Ansichten von Rosen.
Spaliergeschöpfe ihr,
von April bis September
vertraut mit der Vorsicht
der blassen Postbotin,
ihr wehrhaften Blumen
in den Menschengärten
wendet das erloschene
Gesicht zur Sonne?
Laut euren Duftnoten
ist es etwas komplizierter.
Kein Absender, kein Datum,
und die Stempel verwischt.
Also bitte, liebe Rosen,
wo ist das Problem?
Ihr habt Dornen,
ich Zähne.
*
12. Juli 2024 12:25Christian Lorenz Müller
WILDROSE
Monatelang struppt Gestachel,
in sich selbst Verwirrtes Wildbogiges,
einwärts Gekralltes,
das in einem trockenen Winkel dauert,
nur für den existiert
der mit dem Ärmel daran hängenbliebt,
kein Fluch ist scharf genug
für ihre Dornen, und dann
im Juni, verhundertfacht sie sich
von heute auf morgen,
schutzlos ungefülltes, duftleichtes Rot,
alle Blicke sind Bienen,
bestäubt von zwei Wochen Schönheit
die hagebutten vergeht.