Tobias Schoofs
vierundvierzig noch voll hoffnung
jetzt aber keine mehr zumal
in der von frankreich zugestellten
post von dir nie was dabei ist
hab beschlossen dir das alles
aufzuschreiben in der hoffnung
dass du es eines tages liest
falls du noch lebst es liest sich
furchtbar von zuhaus der russe
steht bei görlitz und die westfront
nähert sich dem rhein wir haben
nicht mit freundlichkeit gerechnet
mit mehr verständnis aber doch
26. April 2016 21:30
Andreas H. Drescher
Im Mantelraum
Der Weichtiere
Das Prüfwerkzeug
Gleich in der Nachbarschaft
Sein Sinnesorgan
Terminal
Danach die Ausmündung
In die Geschlechtsgänge
24. April 2016 06:54
Thorsten Krämer
Die Fehlermeldungen meines Handys
lehren mich
die Grenzen der Empathie.
22. April 2016 15:25
Christian Lorenz Müller
Das Smartphone ist ein Boot,
das niemals untergeht, WhatsApp
der Kompass, der die Richtung zeigt.
„Hast schon gesehn?“, schreibt der Cousin,
der in Osnabrück im Keller sitzt,
wo er Kartoffeln, nur Kartoffeln schält.
„Fünfhundert. Vierzig haben überlebt.“
Sekunden später schlägt das Samsung
voll mit Blau, rollt schwer in Salmans Hand.
Schwankend geht er zu dem Zelt
in dem die Steckerleisten sind:
Das Ladekabel, Ankertau,
hat er schon in der Hand.
22. April 2016 11:20
Hendrik Rost
Sprache, wir haben noch die Sprache, bevor
wir verrückt werden. Sprache, sie kennt keine
Rache, obwohl ständig irgendein Dings kaputtgeht.
Gut, dass wir alle Kraft an Sprache abgegeben haben.
Sie muss dreißigfach gefältet und
bei Zimmertemperatur um die Welt getragen werden.
Der gewaltige Installateur hat Rohre viel zu eng
um unseren Hals geschnürt.
Ständig fällt etwas aus einem Loch heraus
mit kleinem Knall. Die Sprache will nichts sühnen.
Maulwürfe verzweiheifeln, weil sie keine Macht
über die Sprache oberhalb der Erde haben. In Armeen
wie besessene Nager geistern Ansprüche
an Reinheit und Schutz durch alle Affären.
Alles gleicht einem Hochzeitsflug von Chimären.
Wir umarmen die Sprache mit der Zunge und schieben
immer kühnere Fügungen in die Fugen der großen, großen
chronischen Mauer. Viele, wer?, versuchen, die Sprache
aus der Sprache herauszulösen. Aber
so fintenreich der Wahnsinn sich auch tarnt,
er kommt als Versprechen daher, dass wir klüger
sprechen in Rätseln, wenn wir das Rätsel lösen.
19. April 2016 11:09
Andreas H. Drescher
Auch diese Buchen
knirschen ins Buch
Unbestimmt
Bestimmte Artikel
Glattrindig und von nichts entfernter als
von ihrer Luft von nichts entfernter als
von ihrem Specht die
Töne jahresringen ein
Er
In den anderen
16. April 2016 08:58
Christine Kappe
Die abblätternden Brandwände, die überall sichtbar werden, wo die Stadt aufgebrochen ist; der Himmel scheint durch und es sieht aus, als ob alles ganz einfach wär, wie aus Lego.
Zwei Jugendliche haben Bananen, Eier und Toastbrot gekauft. Jetzt essen sie jeder eine Banane und überlegen, wie sie die Sachen ohne Rucksack mit dem Rad nachhause bekommen. Das Toastbrot ist schnell auf den Gepäckträger geklemmt und deformiert. Den Eiern droht dasselbe, doch im letzten Moment siegt die Vernunft und der Junge, der sich den Rest Bananen in die Jackentasche gestopft hat, nimmt die Eier unter den Arm und eiert einhändig davon.
Vom nahegelegenen Altenwohnheim kommt einer mit Rollator herein und versucht, in der Eingangshalle des Einkaufszentrums etwas Leben abzugreifen. Aber es ist nichts los, die Polizeistation geschlossen. Nur eine alte Frau versucht hier zu sitzen, ohne etwas zu bestellen, und ich gebe Milch und Zucker zurück und dann rechnen sie falsch ab.
Ein Junge, der an der Kasse die ganze Zeit seine Mutter genervt hat, sie solle ihm was kaufen, tritt die eben erstandene Tüte mit Kleintierstreu bis sie zerplatzt.
Als ich gehe, brüllt jemand vom Balkon hinter mir her, doch ich dreh mich nicht um! Er brüllt auch hinter anderen Leuten auf der Straße her. Von der anderen Straßenseite linse ich nochmal hinüber – er hat endlich jemanden gefunden, der ihm ein paar vom Wäscheständer heruntergewehte Kleidungsstücke aufhebt und hochwirft. Eigentlich sieht er ganz sympathisch aus und unterhält sich jetzt mit dem Passanten.
16. April 2016 07:41
Tobias Schoofs
im falschen regt sich schlaf
im falschen fliegen flaschen
die zähne morsch brüllts un
gewaschen sau! im falschen
viertel halb und halb nur in
den falschen hals gekracht in
den verrenkten aus der wäsche
rausgedrehten und betreten
schweigts im falschen schlaf
du flasche: es wird schwer
14. April 2016 21:19
Mirko Bonné
Regenprasseln. Das Himmelsgeld!
Kommt wer von Norden ins Dorf,
hört man es: So klingt der Verzicht
auf das Zugrunderichten der Welt.
Kommst du von Norden ins Dorf,
trinken alle kalten Johannisbeertee
und erfinden im Glas Fische aus Licht,
damit es, ohne Bogen, Regenforellen gibt.
Wer noch Fragen hat und Antworten liebt,
öffnet Briefe im Freien, blickt versunken
auf seine Faust: Muster aus Schorf.
Wir liegen im Feld. Und lesen:
Einer ist hier gewesen,
der ist in einem fernen Meer ertrunken,
lebte davor aber lange in dem grünen Haus am See.
Komm mit! Wir laufen nach Norden, und später zurück ins Dorf.
*
13. April 2016 09:29
Karin Fellner
wächst neues Kernen, die Trichter zu durchtunneln. Zerfällst durch dieselbe Kraft, von außen scheint alles rot, doch gehst hinein: grüne Auen und doppelt geladene Winde *woooosch* auf Modellfeldern, um –
zu singen, Songs über Songs über Maschen. Ein Großteil der Kanten gehört zu mehreren Maschen. Wie teilt die einzelne Masche den Druck *toktok* mit den anderen? Ist jede rechte zugleich eine linke, das heißt –
in nicht codierenden Teilen, auch dort wohnen Gnome, Genome, der ganze strudelnde Schwarm. Ameisen, Meisen, du. Demontierst eifrig Schultern, damit nicht Ach, nicht Pracht. Und das im ersten Level, *tschaka* dahinter winkt –
ein hochgestellter Stern *plopp* simuliert deinen Zustand. So gehst in Zeitlupe mit Mikrohunden, kippelst, kippst, lernst wieder zu platzen, lernst den Erwartungswert der Kanten, zweigst ab und schwenkst –>
10. April 2016 17:01