Sylvia Geist
Ostergrau
Gestört vom Knistern,
vielleicht geöffneter Briefe,
zweifeln am morgenblassen Zimmer:
unter Schrankbäuchen, zwischen Tischbeinen, Sesselkrallen,
im Schutz jeder Ecke
Eier. Ungeduld rasselt
reishell wie in einfachen Instrumenten,
gerührt von eigenem Puls, ihre Schmeichelsteinwärme
bedarf keiner Hand, gibt nichts zurück, nur
aus. Sachtes
Schalenbersten, ein graues
Dotter, ein Schwanenküken zuerst.
Unwiderstehliches Bersten, unzähliges, Zahllosigkeit
und Zerbrechlichkeit überfüllen den Verstand, sacht
zerbirst er, während die Hände einsammeln wollen, bergen
auch das Jüngste,
den Elefanten, von Kalksplittern befreien
die feine faltige Haut, mit Fingerstrichen,
die ihn besser glauben, winzige Stoßzähne begreifen, alles, alle
Arten, auch das aufspringende Glück
21. Februar 2011 14:55
Markus Stegmann
schwarzgrünlich weich auslaufende
fläche darunter viel schwärzeres blau im
schwimmenden übergang mit hellen kleinen
winkeln darin weiter links sind sie vertikal
und nochmal kleiner aufrecht gereihte
seitlich der mitte einer in orange mit deutlichem
kopf seitwärts gedrehtes gesicht davor schwarze
mütze mit scharfer kante genau gegen das
orange ganz rechts ein ziegelrotes hemd als
wässrige lösung schwimmt mit dem schwarzgrün
geht das weiter mäandert miteinander
16. Februar 2011 23:56
Mirko Bonné
Im Mergel ein Besucher –
Der Blumen dazu bringt –
Wie Büsten aufgereiht zu stehen –
Wie Gläser – elegant –
Der Nachts Besuche macht –
Und kaum dass erstes Licht –
Sein funkelndes Gespräch beginnt –
Liebkost – und schon entwischt –
Doch wen sein Finger streifte –
Wohin sein Fuß auch schlich –
Und wessen Mund er immer küsste –
Ist so als gäb’s das nicht –
Emily Dickinson
*
12. Februar 2011 17:22
Hans Thill
2011
Deux jouets brisés que des mains habiles colmatent
Enfants qui fuguent tard dans la nuit très sombre
Usure des semelles à force de buter sur les pierres
X traduit la chose qui, comme Dieu, prend corps
Montagne dont l’ombre approfondit les ténèbres
Intensité de l’invisible qui accompagne la douleur
Lucioles qui fendent devant les yeux la noirceur
Légers frissons d’une peur qui charge les épaules
Entre les orteils partent les fourmis qui montent
Odorante maison aux couloirs sans portes ni fenêtres
N’entends-tu pas les ailes brûler au feu des bougies
Zone interdite aux jeunes filles jupons en fleurs
Et aux garçons non circoncis tibias et bras nus
2011
Zerbrochenes Spielzeug, geklebt von geschickten Händen
Kinder, die spät ins Dunkel der Nacht ausreissen
Sohlen nutzen sich ab beim Springen über Steine
X übersetzt die Sache, die, wie Gott, sich verkörpert
Mit seinem Schatten vertieft der Berg die Finsternis
Kraft des Unsichtbaren, das der Schmerz mit sich bringt
Glühwürmchen teilen vor den Augen die Dunkelheit
Leichte Schauder der Furcht lastend auf den Schultern
Zwischen den Zehen klettern die Ameisen hinauf
Duftendes Haus mit langen Fluren ohne Türen Fenster
Hörst du nicht die Flügel brennen im Kerzenfeuer
Verbotene Zone für Mädchen, die geblümte Röcke tragen
Wie für unbeschnittene Jungen mit nackten Armen und Waden
(eigene Übersetzung)
12. Februar 2011 11:57
Sylvia Geist
Blankes Gespräch
I.
Am runden Tisch im Stehcafé
er, sie und es. Sie ein Umriss,
Zartheit, Pappkameradin oder
Kartenhaus, die Stimme
gläsern und sein: Die nicht
richtige Menschen sind,
müssen jetzt gehen.
II.
Es ging.
Es ging
ein Haus hinauf,
an seiner Fassade ging es
Aufgänge entlang, Untergänge, vorbei
an Stirnenhaufen, Monden ging es,
begleitet von einem
mit Gesichtern, feindlich, freundlich,
zu schnell fürs Auge, zu natürlich
fürs Herz mit seinem Erzgemenge,
Glimmer eingeschlossen, immer
weiter ohne Haken und an der Dämmerung
kein Ende.
III.
Nahm den Fahrstuhl zu der Straße,
wo die beiden Alten gingen, bei einander
in Sommer und Teer. Wie im früheren
Immer der weiche kühle Mutter
Boden abseits des blanken Gesprächs.
Was du auch anstellst. Kein Aber.
10. Februar 2011 15:09
Mirko Bonné
Ich bin Niemand! Kenn ich dich?
Bist du auch – Niemand – so wie ich?
Dann sind wir schon ein Paar – nichts sagen!
Sonst machen sie’s bekannt – deswegen!
Wie trist – Jemand – zu sein!
So öffentlich – ganz wie ein Frosch –
Den Junilebtag – seinen Namen leiert –
Damit ein Sumpf ihn feiert!
Emily Dickinson
*
8. Februar 2011 13:32
Markus Stegmann
eine und eine sind vierzig
sind ein könig zuviel
gefangene im widerspruch
mäandern vierzig frauen
skandieren ohne extremisten
das land der könig versprach
eine gegend mehr
für worte und kinder
7. Februar 2011 01:09
Markus Stegmann
aus dieser nacht nicht weniger als luft
der kinder verstrichene geschlafene
verfahrene platzteile vergangene
verlagerte ausgegrabene und am
morgen des morgens nach vierzehn tagen
erstandene knie mit gemeinsam
erkämpften kehlen
Kreuz und Koran gebeteten
steinen der verbundenen
überschriebenen stirnen in
folienzelten aus kaum mehr als
wollen und wissen niemand
reisst das mehr fort
7. Februar 2011 00:43
Markus Stegmann
raustragen
langsam absetzen ihn
mit anderen Gerannten die
folgen
Knoten an mehreren
Stellen
Verschmierte aus
Steinen schlagende
Verbundene
zurückkehren
am blinden Schleier
angefasste
angeschriebene Stirn
nur
einer
4. Februar 2011 12:18