Markus Stegmann
Medusa
Marmor verflogner Staub
im Kopf versteinertes Bild
zwischen Alraunen heller
als weiss atme ich schwach im
Verfliessen transitorischer
Trochäen auf Tromsö oder
war es Troja reiben wir uns
wund weder im Süden noch
im Hinterzimmer deines Films
bei verbotenen Spielen der Nacht
über Basel verflog dein Mund
versank ein Mond verschwand
im Nachtmeer der Stadt
frier ich mit deinen
porösen Bildern meines
Lebens die filigranen Falter
deines Films wickeln
das schwindende Paradies
in ein stummes Tuch
Tobias Schoofs
RASHOMON
im glanz der regennassen
plakate die sich den platz
streitig machen im auge
der vorbeihuschenden
im getuschel der leute die
mit einkaufstüten im schutz
der unterführung den regen
abwarten als bedrohe er sie
lauert gefahr
nimm einen tropfen aus
dieser erzählung und füg ihn
deiner eigenen erzählung hinzu
Markus Stegmann
Makulatur
Palastwind Passat ganz fadengrad
geleerte Reste Andromeda dein
Anfang steht auf Belgien sagst du?
falscher Fisch oder wie verfing
im Rückgrat sich meine Galeere
passt halbleere Schwere Partitur
praktiziertes Benzin Vitamin
im Lidschatten deiner Meere
verformte sich oder zerteilst
du dich Holofernes‘ blinde
Passagiere ging wohl
fehl versehentlicher Gast
dragging the bone
blast Warlop Partitur
Palimpsest piano
Makulatur
Thorsten Krämer
Der Staatssekretär ist krank
Der Roman eines Gedichts, die noch zu
leerenden Kaffeebecher: In der temporären Gegend
werden die Stimmen gesenkt, zwischen Stellwänden
geistern versunkene Dörfer umher.
/Relokationen. Heimat
ist ein Vers, so dahingesprochen unterm Jubel
einer ganz anderen Baustelle.
(für Michael Serrer & Christoph Wenzel)
15. März 2015 18:12Markus Stegmann
Patagonien
Am Rachen
Riff vor Patagonien
laue See
schwankt Infarkt implodierte Idylle
drei Tage
tragen wir Tote
aber
der Schimmer deiner
Haut
am gestauten Riff
wo wir
versehentlich
die Lippen
der Sonne berührten
sag mir
warum
ist dein Arm
an
meinem
Christine Kappe
mehr als alles
Und im Augenwinkel sehe ich
wie sie nicht nur alles zerstören
sondern mehr als alles
weil sie wollen, dass gar nichts mehr ist
lieber gar keine als eine ungerechte Welt
was sie eigentlich wollen
sterben
ohne darüber nachgedacht zu haben
was das ist
Kurz der Gedanke: Wir müssen was tun
weil ja diese Dinge auch nicht in Sprache
nicht mehr sein ist etwas anderes als nicht sein
und noch nicht gewesen sein
aber ob es, was es in Sprache gibt, auch gibt
und ob die Schönheit siegt, nur weil wir es wollen
aber ob das ein Beweis ist
was aber ist schön
auch Zerstörung?
Gewalt?
nicht mehr sein ist etwas anderes als nie gewesen sein
ob beides ewig ist
ob die Ewigkeit
unterbrochen werden kann
ob es einen Zusammenhang zwischen nicht mehr sein und noch nicht sein
ob das sein kann
ein Anfang ohne Ende, Ende ohne Anfang
und ob, was einmal war, nur in der Erinnerung, in der Sprache
nicht auch in unseren Körpern, in der DNA, aufbewahrt ist
wenn sie auf Körper einschlagen
wenn sie auf das, was Leben wertvoll macht, einschlagen
wenn sie auf den Glauben an etwas Schönes, auf die Hoffnung
auf etwas Schönes einschlagen
lieber soll gar nichts mehr sein / sie wollen, dass nichts mehr ist
sie wollen nicht sein
es ist ihnen egal, ob sie sind
ob ihr systematisches Vorgehen eine Systematik beweist
ob hinter ihnen ein Gott, ein grausamer Gott steht
ob hinter der Systematik höhere Mächte stehen
(wenn ja, wieviele, und wenn eine warum nicht zwei, und warum, und wenn alles nur ein Spiel ist)
oder nur Drogen
Rausch
ob sie nur das sind, was sowieso passieren wird
wenn wir es nur im Augenwinkel sehen, im Fernsehen, im Internet
ob wir das dann sind, /ob wir das dann selbst sind
(oder einer von uns, oder zwei
wenn wir nichts sagen
wenn wir nichts tun
wegen der Ungleichheit
wegen der Unterschiedlichkeit
die ja das Leben ist
nur im Tod sind wir gleich, nur wann und warum
und weil „sehen“ die Vergangenheit von „wissen“ ist
und wir eigentlich rückwärts gehen
und weil die Zukunft in der Vergangenheit liegt
zerstören sie alles
was mehr als alles ist
Markus Stegmann
Was war
Während wir die Bomben der Nacht aus
unseren Haaren waschen wächst leeseitig
neues Tageslicht das deiner Haut gleicht
glimmt in den Augen unserer Sprache
Sprachlosigkeit über allem was war
Nikolai Vogel
9. März 2015, Isarspaziergang
Ein früher Frühlingstag im Winter,
Spaziergänger, das Licht, die Sonne,
wie Zeitlupe alles, verlangsamt,
die Zeit wabernd über Fluss und Wiese,
die Unendlichkeit, unendliche Schönheit der Welt,
und die Ewigkeit steht senkrecht auf uns.