Konstantin Ames

Verteidigung von Zuß gegen Ames

Näschen rümpfen geht am besten in Strümpfen.
Oder eben Samisdat.

Ach, wär nur nicht das Samstagsdate
im Zwanglos III. Kannst doch auch?
Oder Hegeldienst im Zotenclub?

«Und ich scheiß auf Eure Dichterfeste!» (Handke)

Nach Poezystektomie sollte man verzichten auf
stark blühende Zwiebelmittel wie z.B. Leben
und Bewunderer und Sandförmchen überhaupt

3. September 2017 09:11










Mirko Bonné

Aus den nördlichen Regengebieten

Dürer auf Durchreise
stieg in Bamberg immer
in seinem Lieblingskrug
Zum Wilden Mann ab, dann
eilte er sofort, rannte
mit wehenden Locken,
in denen der Wind
knisterte, hinaus an
die Regnitz, seinen Herz-
fluss, um am Ufer zu zeichnen.
Zeichnen die Pferde, die
über die Felder zogen
zwischen Nürnbergs
Waldungen, am Himmel
die Schwärme der Stare,
der Schwalben, der Krähen
und der Tauben. Zeichnen
im grünen Wasser den Fisch,
der dastand, still, zwischen
den lang behaarten Steinen
am Grund der Schilfbänke.
Die Köche zeichnen, jungen
Mägde, die Alten wie Geister
in den Augärten Kleinvenedigs.
Kleine schwarze Rose, gestochen
mit Tinte auf den Handteller, sein
Bamberger Blümla. Zeichnen Julie
und zeichnen Juliens Busch.
Den Hasen. Den Hohlweg.
Tout s’était passé
d’une manière révoltante,
sagte auf der Unteren Brücke
ein Franzose, und Dürer war heftiger
Widerspruch peinlich. Die Zeichen
im Zeichenbuch wuchsen. Wolken-
vielfältig Bambergs Abende.
Am nächsten Mittag der kalte
Regen von Franken, die Weinberge,
Würzburg, wozu immer weiter, weiter,
weiter in die nördlichen Regengebiete.
Das Licht war ein Puls, langsam,
beständig langsamer, beinahe
glaubte man, es hört auf.

*

4. September 2017 17:13










Konstantin Ames

Die letzte perfekte Ansprache eines Amerikaners

Sie datiert auf den ~ 23. August 1927 ~, sie bestand aus wenigen Worten.
Aus den Buchstaben dieser Worte ist dieser Text gemacht, nicht aus großen
Worten. Aus Worten von Besiegten.

Rache – spricht der Bourgeois – ist eine feine Sache. Er zerdrückt die zarten
Klatschmohnköpfchen mit elektrifizierten Fingern. Das Ganze auf 35 mm, alles frisch
erfunden, alles frisch. Aber keine Kamera kann die Worte sichtbar machen.

Nicht ihre Gestalt. Nicht ihren Geist. Ihre geniale Schlichtheit. Etwas, das etwas
in Haarspitzen treibt. Ein Kribbeln in den Fingern. Knälle in den Ohren. I am not a better
babbler than he is
Perversling Alpha hat den Transport reiner Reime

durch Drähte erfunden. Der erste Snuff for tolerance, for justice, for men’s understanding
of man
stammt von brainfucked Edison. Nobel! Nobeltaten seinem Andenken!
Das Lied für Nicola und Bart? Zu sehr Rimjob im Chor. Packt eure Zungen ein. Es

wird nicht mehr gesungen. Sagt wer? Anarchistische Folklore und bürgerliches
Samisdat ergeben einen Quietismus der Tat. Am Punkt angelangt, wo du nichts mehr
hören willst, weil du niemand gehören willst wish to forgive some people

und du all das in deinem Leben siehst, was man ‘Mangel an Solidarität’ nennt
from our childhood to today dann geh in die Wüste Denn. In der Wüste Denn
I might have die, unkown, unmarked, a failure in der Wüste Denn nur gibt es eine Oase.

Dort sind alle Seen schwarz wie in meiner Schildhut. Zum Tag kommt’s nie. Permanent
ist Morgenrot. «Euch habe ich auf die Finger gesehen, da vergeht mir die Lust zum
Kartenspiel», schlug sie tot und warf sie hinaus ins Wasser. Ins trockene Wasser. Sacco

has never dreamt to steal, to assassinate. Wie wohl dieses Spiel geworden wäre?
Farewell. Orwell sah die Brigade Vanzetti noch in Aktion. Hast du schon eine Stadt
befreit, «da kamen aus allen Ecken und Enden schwarze Katzen und schwarze Hunde

an glühenden Ketten, daß [weiß]er [Mann] sich nicht mehr bergen konnte», die
heulten wie Kaffeemühlenstukas aus den 1960ern Made in W-Germany nur eben
dreißig Jahre eher. Literaturfromm möchte ich sterben als lover of work.

Es lebe die große Unbekannte ~ und ihr Anarch ~ Sacco too is a worker. Vermag
die Fruchtbringende Gesellschaft etwas gegen einen Fischverkäufer, einen Schuster?

~ Keine Götzen, kein Gehorsam. Die Anbeter haben die Hosen voll. ~

5. September 2017 07:52










Mirko Bonné

Avenidas

avenidas
avenidas y flores

flores
flores y mujeres

avenidas
avenidas y mujeres

avenidas y flores y mujeres y
un admirador

Eugen Gomringer

boulevards
boulevards u. blumen

blumen
blumen u. frauen

boulevards
boulevards u. frauen

boulevards u. blumen u. frauen u.
ein bewunderer

1953 / 2017

6. September 2017 20:32










Konstantin Ames

’nd

Diskurse’nd Oberhände
Oberhände’nd Facebook
Facebook’nd Weltreste

Diskursoberhände’nd Weltfacebookreste
’nd Graphorrhö

für Michael Gratz

7. September 2017 06:25










Karin Fellner

Komische Symmetrie

Alles hat seine Gegend. Hat auch sein Gegending.
Gesagt: Ich erledige das, schon merk ich, dass mich das erledigt.

Klipper des Denkens kippen in diese, jene Richtung,
ich flip-floppe drauf herum und schwa/enke mit meinen Segeln.

Angenommen, ich mache in Reifen oder in Reimen,
je länger ich das betreibe, je mehr macht Reif/Reim in mir.

Oder ich wache auf, halb außerhalb, wabernd, ein Blob.
Sitz ich dann, halt halt den Stoff, bis der Stoff mich hält, in Form.

Gesetzt den Fall, mir setzt sich ein Angstschlapphut auf,
der grummelt: weltverlassen biste, bleibst geschasst.

Probates Antidot: Stülp ich den Hut um, denn drinnen
wohnt die andere Angst: Bedrängung in gläsernen Räumen.

Verwandt und anti-verwandt, macht eine die andere aus,
löschen sie sich einander, Interferenzspektakel.

Notabene: Du, Knödel auf meinem Teller, gibst dich bereitwillig hin.
So will auch ich mich bereiten, meinen künftigen Essern ein guter Knödel zu sein.

8. September 2017 07:53










Thorsten Krämer

Ein Käfig für die Aufzucht von Unterlassungsklagen

Man braucht vier komplette Sätze Registerkarten, alphabetisch geordnet. Diese werden am 7. des Monats in zwei getrennten Sitzungen (die Pause dazwischen sollte mindestens eine Stunde dauern) auf vier gleich große Plexiglasdreiecke geklebt, den Rand entlang. Zuerst die Vokale, dann die Konsonanten. (Wenn der 7. des Monats gerade erst vorbei ist und man nicht so lange warten will, geht auch der 22. des Monats.) Als nächstes lässt man im Baumarkt eine quadratische Buchenholzplatte zuschneiden, wobei die Seitenlänge so zu wählen ist, dass sich aus dem Quadrat und den Dreiecken eine Pyramide bilden lässt. (Buchenholz ist hier als erste Wahl zu verstehen, Lärche oder Eiche tun es zur Not auch. Und wer handwerklich geschickt ist, kann den Zuschnitt natürlich auch selbst besorgen. (Es ist auch der Fall denkbar, dass kein Baumarkt in der Nähe ist, dann führt ohnehin kein Weg am eigenhändigen Zuschnitt vorbei, es sei denn, man hat zufällig gerade eine Platte in der passenden Größe zur Hand.)) Bevor die fünf Elemente nun zusammengeleimt werden, schneidet man in jedes der vier Plexiglasdreiecke ein Loch. Das ist wichtig, um später das Streugut leichter wechseln zu können. Wem das zu aufwändig ist, der kann einfach eines der Dreiecke weglassen und stattdessen an dieser Seite zwei große Kochlöffel anbringen. (Wer die Möglichkeit hat, günstig an Küchenzubehör zu kommen, kann auch alle vier Seiten der Pyramide durch Kochlöffel ersetzen. Die Registerkarten werden in diesem Fall nicht benötigt.)

8. September 2017 16:15










Tobias Schoofs

CONSTELACIÓN

avenidas
avenidas y flores

flores
flores y un chulo

avenidas
avenidas y un chulo

avenidas y flores y un chulo y
mujeres

9. September 2017 13:30










Andreas H. Drescher

SECHS GESCHICHTEN OHNE PERSONAL I

Eine Bläsergruppe. Das kann nur eine Grube sein, als Gänsehaut. Mitten unter die ernsthaften Leut mit ihren Mistgabeln gesetzt. Die Vision des Hurenhunds. Verirrte Nebel, also ein Heiliger, querab zur Nacht. Der heilige Strohsack schabt das Gesicht vor diesen Kupferkessel. Richtung Kopfnuss hin. Ein Geschenk, fast also gleich. Abgesenkte Stimmen, Küsse auf die Augen. Besser kann es gar nicht weitergehen. Den ganzen Winter eingeschwitzt und bäuchlings als ein Amulett versteckt. Fortgeschüttete Reisen, einmal herumgetan. Aber nicht als Splitter, abgesteckt. Vorsicht vor der Wut der Narbe. Woher kommt es denn, das Quergesicht? Der Turm mündet noch immer in den Himmel. Knirschende Arkaden. Der Zimt kehrt zu sich selbst zurück. Geschrei. Der letzte Morgen vorm Besitz. Die hohe Gittertür, den Seilen eingewunden. Stich. Der Schweiß der halben Wege. Eingesprengt. Nur das: zum Hafen. Bis oben hin mit Bergen voll der Bauch des flachen Wassers. Undeutlich und spiegelnd. Vom Nabel abwärts die Zisterne. Unterirdisch Trost. Herdab, Herdan. Was will das Verlieren hier und wieder fahren? Die kümmernden Betrunkenen. Ein Kuckucksschrei. Sie finden das: die Reise. Einmal zweigestanden. Dieser gelbe Widerschein. Unglück irrt das Unterbrochene der Religionen. Heiliger Hüstler vor dem Nierenstein. Stricke, die sich drehen. Lob der Lügen. Zum Fischteich hingerannt und angefüttert. So wird das Gerben leicht und fängt als Geige an. Im Äußersten des alten Horns. Die Haare vor dem Streichen eingefärbt und gut bezahlt mit diesem Queren.

(WIEPERSDORF-EINSPIELUNG 1 ///// KOMPOSITION UND PIANO: JONATAN FIDUS BLOMEIER)

11. September 2017 20:27










Christian Lorenz Müller

PEINLICHERWEISE POETISCH VERGRÖSSERT

Dieses Gedicht hat große Angst
erwischt zu werden: In seiner Tasche
versteckt es ein Regentonnen-Teleskop,
das es in der Nacht
gern zum Himmel richtet.
Genau, es geht dem Gedicht um die Sterne,
die in der stets frisch geschliffenen
Wasserlinse zu sehen sind,
peinlicherweise bis zum Tausendfachen
poetisch vergrößert.

„Das ist Eskapismus, ausgerechnet in Richtung All“,
flüstert verschämt das Gedicht.
Es weiß um den Wasserstoff,
weiß, dass seine Metaphern
spätestens in zwei Milliarden Jahren
komplett verglühen werden,
und doch zieht es Nacht für Nacht
heimlich das Regentonnen-Teleskop hervor
und schaut und schaut
bis Wind aufkommt
der die Linse trübt.

12. September 2017 10:06










Konstantin Ames

Du kennst die Schokolade, sie heißt Collage

Den Klimax in allen Ehren enteignend und den personallosen Geschichten von A.H. Drescher freundlich zugewandt

Die Wende der Rede hast du hastig erlebt. Die Abschaffung von Gallensteinen.
So wie so. Minne? Eher in Pinneberg als im Samteinband. Musik!
Ein Hoch auf übermalte Gedichte und arg gebeutelte Sympathieblasen.

Der dt. Herbst endet immer beim Kilometerstein 21. Verstehe das.
Wem Poesie kein Zeitvertreib ist: Kein Baum ohne Lettern. Das steht alles so …

Die Jungs jeglichen Geschlechts sind so zart und innen ganz schweinchenfarben.
An die edelsten Anfänge des Erbringens von Bauernopfern werden die guten
Wasserkriege erinnern. Frischesten Wassers gewiss und nochmal. Deshalb
ist’s eine Sache von Wenigen, nicht des aufpoppenden Kalbs, sagt der Plebs.

Das Y von Jetzt ist ein Baum ohne Blätter … schon im Musil. So nah die Meldungen.

14. September 2017 10:34










Andreas H. Drescher

6 GESCHICHTEN OHNE PERSONAL 2

Langsam kommt das vor: ein Schaben, umgekehrte Pausen. Knacks, da geht es aus. Die vorletzte Gelegenheit zum Hochzeitmachen. Und wie? Einen Finger in die Nase, einen in den Muskel dieser Frucht. Gewonnen, eingelobt. Gewandte Sänger. Und das schwere Ohrensausen fast perfekt. Diesmal wählen sie sich einmal seinen, einmal ihren Mund. Gesänge hintenaus, bis an die Grenze der Seide. Zweieinigkeiten, fast schon Zwie. Jaja, ein wenig Ketzerei umhin. Studierte Gänge, Nierenstein und Bein. Froh macht das. Die Wünsche kürzer in der Zeit, der Suche auf der Suche. Erfundene Behebung. Bettgeruch. Daher, woher die erste Kopfnuss kommt. Pfeifend, zur Betrachtung ohne Widerschein. Weg, ganz weg, ein Fernes. Kurz, so kurz zur Ankunft das. Eigens ist es nicht der Sieben Künste. Nötig, ohne Not genug. So rasch in prickelnden Himmeln. Nie endende Mühlen. Dort im Sack die Barschaft der Kniffe. Labsal der Pasteten, auch wenn sie gefälscht sind. Huf zurück. Gekritzel. Gekritzel und Fliegengekrakel. Beunruhigte zur Prüfung dieses Instruments. Ein Holzbauch voller Nachtigallen. Offene Länder. Zungen, nichts als Zungen. Kurios, doch abgesteckt. Flach und ohne Rand. Zusammengefasst: ein Schnalzen. Die Suche ein Gedächtnis. Größer geworden, noch größer. Wer hat schon gelernt auf einem Haar zu gehen? Eine Hoffnung, die sich fortrührt und verliert. Als Liebesbrief vom Pol. Hier das Arsenal: ein Mond, die Lügen, ein Quillen, Glück, der Morgenstern. Behütet dieses Ohr, sehr halb behütet. Vielleicht selbst Sonnen: treibend, luftig – schnell dahin.

(WIEPERSDORF-EINSPIELUNG 2 ///// KOMPOSITION UND PIANO: JONATAN FIDUS BLOMEIER)

14. September 2017 10:43










Andreas H. Drescher

6 GESCHICHTEN OHNE PERSONAL 3

Ein leises Wanken in der Wirkung. Zwei Paare schon im Pansen. Hoch balsamisch, besser als die Krümel auf Oliven. Immer eine Handbreit vorwärts. Nach Belieben dieser Traum der Wiederholung. Belagerungen, drei Mal durch die Güte, dann aber doch starr. Die Narbe eingestanzt vor der Erregung. Noch einmal balsamisch. Vor dem roten Band. Die Zunge. Eingeritztes Auszerreissen. Fröhliche Stände, jährig, schiffend, prächtig, doch versehrt. Zutritt. Wer diesen Duft echt macht, wird bald zu einer Pfote. Einbedeutet, ausgeschlafen. Neue Ziele, beidseitig der Schrein. Milch und Kohle. Und das Dritte auch, das nicht zu sagen ist. Glaubmüde Städte. Vorgetrocknet, als die Vogelscheuchen vor dem Tritt. Der wirkliche Name. Andere. Ein Berg mit einem in den Himmel aufgesetzten Fuß. Gutgut. Pistazien. Gutgut. Unnötig rote Lippen. Ein bisschen Augenschmalz nach einem tiefen Blick. Privateste Apokalypsen. Hyazinthen, Schrecken auf und ein. Unverdauter Schrecken, zweimal höher als es selbst. Nur durch diesen Strohhalm. Weil es klimpert. Prustendes Vergnügen, bevor die Lilie sich unter oder umgekehrt. Der Form nach hager, oder eingefroren. So stockt die Milch ihr Flussbett aus. Das flüstert querer durch die Krypta als: Karfunkel, Gift, goldene Säulen. Rund wird das irgendwie. Vielleicht durch diesen Spiegel unterm Wolkenbauch. Ganz gestützt. Zwölftausend Briefe. Kinderschleudern. Liegt es daran? Getunkt und wieder eingetunkt, bis in das Knacken unterm Knie beim Aufstehn. Ein Vorfall hinterm Rücken muss ja noch kein Rückfall sein.

WIEPERSDORF-EINSPIELUNG 3 ///// KOMPOSITION UND PIANO: JONATAN FIDUS BLOMEIER

19. September 2017 21:30










Andreas H. Drescher

6 GESCHICHTEN OHNE PERSONAL 4

Ein Festgelage vor dem Eis. So ausgestummt und fern und frei verfügbar. Mit nur einem Auge. Das Zeichen berichtet. Selbst Licht ist das nicht. Vom Himmel nicht und sonst und sonst. Ein Paar, das sich so nach und nah noch selber hat. Der Strudel hier, aus Kresse und Zweigen. Die Unterirdische Empfehlung. Aufgezogene Gefäße voller Stumm. Gesetz und Tisch. Hier sind die Holz- und hier die Blechbläser. Raffend, hochgebaute Jahre. Zerlesener Rumpf mit Kühen. Bist du das? Noch bis zum Hals, doch weiter keinesfalls. Die Strömungen so heimisch wie ein Buckel voller Buschland. Ein Tanz. Zweierlei Leben heben aber eben Eber einen Krüppel. So ein Gegaukel, Heulsusen in Ei. Den Nichtsnutz vorgestohlen. Eingearmter Schreck. Umsonst, bis auf die Münzen, die auf der schmalen Seite stehn. In Schüsseln vor dem Stroh. Noch eine Ecke. Eine hinter und eine hinterhinter einer. Leichter Bezirk, prall voller zwölfbeiniger Tiere. Vorgehobelter Geruch nach Brot. Da kommen sie: Milchzapfer, Profiteure, alle eingepackt in ihren Grind. Der erste Sand steigt auf und färbt die Spiegel schwarz. Eselsdung, so ist das zugegangen. Diebe aus Glück. Ihr heimlicher Gesang. Lass kommen, wer noch kommen will. Wenn auch keiner weiß, woraus sein Weiß besteht. Gedrängtes Licht, Geklapper. Wieder ein Tropfen in der Hose. Offener Wald und dieser Esel, der sich fast vergeblich an der ersten Faust versucht. Gut tut, wenn das Lachen noch sich selber lacht. Eis gesetzt ins Wahre. Vogelschrei vor dampfendem Kristall. Also ein großes Spiel aus Zeit.

WIEPERSDORF-EINSPIELUNG 4 ///// KOMPOSITION UND PIANO: JONATAN FIDUS BLOMEIER

21. September 2017 07:27










Andreas H. Drescher

6 GESCHICHTEN OHNE PERSONAL 5

Das einzig Problematische ist dieser Ernst der Fingerspitzen. Jedes Detail stört aus sich selbst. Felder von Misstrauen. Der Hagerkeit entgegen. Eine Strippe, schwer Zitat. Was für ein leiser, eiseskalter Rabenflug! Das Waagerechte schon am Himmel. So hält sich das aus, auch noch im Raffen. Halle, Vorgekicher. Vor- und Frühgekicher. Dies Fagott, das sich sein Grinsen bringt und diese große, weise Weiße hinterm Weg. Entgegengesetzt, aber zurück. Wer hat hier wen unter den Tisch getrunken? Ein, hinein in den Geruch nach Fisch. Herzlich, aber nicht für wen. Die Glocke. Doch der Esel hört sie nicht. Bis auf den Fußtritt. Einen Fußtritt hört er über zwei Oktaven. Segen ausgesetzt und zugeschrieben. Womit geliebäugelt? Mit diesem alten Raffen? Ist das neu? Spuren ja! Sterben nein! Das ist ein vorbereitetes, wenn auch nicht Was! Wütende Schwärme von Entdeckungen. Mantische Gelegenheiten unterm Vorzelt. Bis es auch da noch muffig wird. Ganz rund, vom Becken an. Die Frage ist: ist dieser Fidibus jetzt oben oder unten angezündet? Natürlich: dieses Leuchten lebt sich rituell! Schnell sinkt das ab ins Kakophone zwischen Blech und Holz. Das war nicht echt gedacht, noch nicht. Geröstete in Pfeffer. Fußtritte, hübsch abwechselnd in jede Hinterbacke. Das wohligste Getrete. Zur Sache nicht, nicht mal zur Sache. Wachen, Wachton, Wachston, flugs mit Augen aufgezogen. Eingefüttere und umgekert, auch vor dem Blick. Fast im Stand schon, fast im Stand, zuunterst diese Säcke. Ein letzter Fußtritt noch, denn sonst ist leider nichts bewiesen.

WIEPERSDORF-EINSPIELUNG 5 ///// KOMPOSITION UND PIANO: JONATAN FIDUS BLOMEIER

21. September 2017 17:58










Andreas H. Drescher

6 GESCHICHTEN OHNE PERSONAL 6

Holzbläser, ein ganzes Leben lang. Hölzerne Wolken. Ja, sie regnen sich als Köpfe. Die Gesichter nun mit Jahresringen. Es kam nur darauf an, das gut zu deuten. Das Denken eingezähnt von Eselsfleisch und Milch. Das ist die Rückkehr zum verschneiten Weg. Gelängt, gelangt, getauft, geblieben. Ausgegerbt und deshalb kostbar. Kostbarer noch als Pfefferkörner. Ohne Rülpsen jetzt, ganz ohne Rülps. Etwas anderes: gewählte Monstrositäten. Pfiffe und Fische, bruzzelnd vor diesem Pack, das guten Willen geht. Das kam, das ging, das glitt sich auf. Fließend und eingesunken. Scharf. Gerollter Kontinent. Reiner Geschmack als Zunge und als Röhre. So ein Name kann das, doch sonst nichts. Diese abgeschiedene Entdeckung, die die Silben teilt. Was war das jetzt, quer durch die Schräge? Traum? Gesetz? Gelachweint bunt, in Holz. Weiche, überweiche Gräser, ein Pochen darin. Das Gleiten vor den Wochen. Ohne Aufbruch. Gibt es etwas hinter der Schlaffheit? Etwa diese letzte Höhlung unterm Tisch? Das braucht keine Erklärung mehr. Einverfall und zwei: Das Heilige als Zuchtverein. Karnickel, letzte Flüsterung. Damit sich jeder seinen Kopf greift und ihn auf Flöten steckt zur guten Überwachung. Alles, alles Überraschung dieser weißen Weisen. Nicht mal die leiseste Verkrüppelung. Hunger, Prügel, dennoch Gelächter. Also schon wieder dieses eingetauschte Spiel. So winkt das uns. So wirkt sich das aus. Frische Wolken noch einmal, bewährte Zufälle. Das waren sie von nun an und bis bald: diese sechs Geschichten ohne jedes Personal.

WIEPERSDORF-EINSPIELUNG 6 ///// KOMPOSITION UND PIANO: JONATAN FIDUS BLOMEIER

21. September 2017 18:21










Konstantin Ames

Im Emoticonmuseum in der Troneck-Allee hatte Conni neulich eine sangbare Meinung

Ich möchte nichts von Leuten lesen, die nicht lächeln können und die nichts und niemand überlegen sind, aber so tun als ob. Das sind doch Minusgesichter!
Ich habe darüber nachgedacht, warum mich schmallippige Jungs mehr anekeln als schmallippige Mädchen. Das Ergebnis würde meinen Eltern sicher nicht gefallen.
War neulich mit Opa im Stadion. Bananen schmeißen und Urwaldlaute abfeuern. Ich habe mich nie schwarz-weißer gefühlt.
Stolz ist eine schöne Sache. Stolz macht auch schön. Ich sollte womöglich auch die anderen Lippen endlich einmal schminken.
Oma fragte mich einmal, warum ich eigentlich keine Punkerin bin. Oma ist jetzt im Heim. In ihrem Leben hat sie sich keiner einzigen Frage gestellt, denke ich.
Ich denke, ich bin so schlank, weil ich so schnell denken kann. Der Trick ist ganz einfach: Es denkt immer wer vor mir her. Ich habe gelernt, das zuzulassen. Eines ist immer schneller als anderes. Das Tier heißt Zitier. Es gibt keinen Vegetarismus der Seele.
Mein Geschwister liebt Modellbau. Der Tiger sei ihm wirklich gut gelungen, sagt Opa (Poesie ist so ähnlich wie Lyrik, aber viel zu kompliziert für unsere Deutschleerer), der es wissen muss. Auch er trägt so lustige Dackelkrawatten wie der Onkel im Fernsehen. Der aber viel zu jung sei, sagt Opa, um Dinge zu wissen. Alte Menschen sind albern. Ich frage mich, was geschähe, – Mutti fragt sich das übrigens auch – wenn dem Fernsehonkel vor laufenden Kameras die Dackel plötzlich aus dem Gebinde entflöhen. Würde er dann bescheiden oder weise?
Wir brauchen Literatursportgruppen, ganz in echt jetzt! Nie verstanden, warum sich Leute noch immer Krawatten umbinden und sitzend lesen. Es muss doch raus, nein?
Traue keinem Dichter, sagt Papa, den nicht wenigstens zwei Bewunderer anhimmeln; Niederlassungen zu seinen Füßen. Für ihren neuen Mann gebraucht Mutti gern das Wort «soigniert». Können auch Worte erdrosselt werden? Ich bete darum zu meinem im Schrank versteckten Frosch. Verwest recht rasch.
Ich habe gestern Kinderbücher verbrannt. Seitdem schreibe ich mehr als jede schmallippige Showmasterin. Ich mag schmallippige Showmasterinnen. Ich bewundere sie. Obwohl das schon zu weit geht. Ich hasse schmallippige Showmasterinnen. Noch ihr Haar ist schüchterner als sämtliche Brokerinnen Ochtrups zusammen.
Papa möchte, dass ich ihn George nenne. Seine Vorfahren seien als Flüchtlinge aus Frankreich gekommen. Mutti wird immer dicker. Ich nenne ihn Schorsch. Schorsch bräuchte einen Privatsekretär. Aber das weiß nur ich. In seiner Jugend liebte er das Spiel Worms.
Ich hasse mich dafür, nirgend anders als hier leben zu wollen und immer am Platz zu sein. Meine Klugheit lässt mich schneller altern. Innen bin ich schon 16 Jahrzehnte alt. Ich bin so vielseitig begabt, dass ich nichts richtig vermag. Ich sollte nicht sein, sagt der Spiegel. Nach einer Stunde Wischen in Zeitungen verfliegt das Gefühl zuverlässig.
Jeden Tag. Ich. Höchststrafe. — Meine Stimme jeglicher Partei, die so würbe.

22. September 2017 12:09










Christian Lorenz Müller

MÖGLICHE DEFINITIONEN DER POESIE

Die Schaukel im Park
als Pendel einer Standuhr
deren Zifferblatt niemand vermisst.

Der Augenblick, in dem die Fahnen
sich zu Spiegeln verwandeln
und das Gesicht des Windes zeigen.

Die Kreissäge, die ein Wochenende lang
am Ausleger eines Baukrans hängt
wo sie die Wolken teilt.

Das Licht, das in Scherben geht
wenn ein Glas zu Boden fällt.

28. September 2017 10:39