Nikolai Vogel

Große ungeordnete Aufzählung (Detail)

die Biografie eines Kiesels,

25. November 2016 19:05










Konstantin Ames

weiteres aus: Müdich Buntstift´s Landschaften

Jauchztest: «Ich bin müde wie eine alte Trompete!»
Würde schreiben: Müdich, eine alte Trompete
Ich, ein erwachsener Dichter (bloß). Du, ein Dichter (5)
Schriebich verbrühten Fingers. Deine Wärmflasche

Gefüllt. I must vomit. Ichmast, womit?
Ab ins Fieber. Das ist kein Sentiment; Neid
Jetzt aber tagts! (Ich harrt und sah es [km]« 21.11.2016)

25. November 2016 17:23










Gerald Koll

Das fünfzigste Jahr (103)

25. November 2015, ein Mittwoch

Gestern noch erreichte die Gruppenmitglieder der Genossenschaft die rätselhaft-unrätselhafte Nachricht, man würde sich gern auf einen Glühwein treffen, bei dem Gerald eine Runde auszugeben habe – „aus einem guten Grund“. Hat mein schäbiger Hauptmieter sich nun doch entschlossen, mir das Feld zu räumen? Das wäre eine gute Nachricht: die Aussicht auf eine Wohnung in einer Genossenschaft mit Aussichten auf Dauer, Mietpreis, Zugriff auf vielleicht andere Wohnungen etc.; andererseits auf neuerliche Nachbarschaft mit „diesen Leuten“, von denen ich so erleichert schied. Das nicht vergessen und verhehlen! Proust in einem Klammerzusatz: „Denn nicht nur dadurch, dass man andere, sondern, dass man sich selbst belügt, verliert man schließlich das Gefühl dafür, wann man eigentlich lügt.“

Terminabsprachen zum Geschwistertreffen. Sie verlaufen zäh. Im Computer abgelagert sind Kindheitsfotos selbstverständlicher Geschwisterschaft. Damals war klar, dass das ewig dauern würde, aber ungleich länger dauert inzwischen jene Zeitspanne, in der wir nur noch einander zuwinken, jeder mühsam sein Gleichgewicht haltend auf auseinandertreibenden Schollen.

Flug nach Lima gebucht: zum Wandern in Anden. Lange genug habe ich Signale in die Umwelt abgesetzt, um den Druck zu schaffen, unter dem eine ungefähre Idee eine konkrete Form annimmt. Das 30. Jahr mit etwas Verspätung. Wer ist mein Moll?

Beim Bäcker gesessen und gelesen. Neben mir: ein stinkender Mann. Wahrscheinlich ohne Kindheit.

25. November 2016 15:25










Nikolai Vogel

Große ungeordnete Aufzählung (Detail)

Geschiebe, Geröll,

24. November 2016 19:43










Hans Thill

tzox

Birke

24. November 2016 15:33










Gerald Koll

Das fünfzigste Jahr (102)

24. November 2015, ein Dienstag

Aus einem Traum geschüttelt worden. Geschüttelt von Ärger und Zorn. Zorn über den Vater, über den Beamten, dessen patriarchale Pedanterie so weit ging, dass meine Behördenschreiben, sofern sie Fehler aufwiesen, bitte noch einmal – damals noch auf der Schreibmaschine! – abzutippen seien. Heute sind seine Briefe Kauderwelsch. Proust schreibt, wir gingen innerhalb eines Lebens von einem Leben zum nächsten. Ich weiß nicht. Ich glaube, mein Vater wäre noch ebenso wie einst, er kann es nur nicht. Es ist der gleiche Mann mit Versehrungen, der gleiche Rechthaber ohne Recht zu haben. Und ich, der nachtragende, unerbittliche, rechthaberische Sohn bringe dafür kein Erbarmen auf.

Frau S. behält, was ich wunderbar finde, den Kopf oben. Heute Nachmittag beglückwünschte ich sie, dass sie beim Vorstoß auf der Party bei K. den Rückschlag wegsteckte und dennoch nicht aufgab. Sie aber bestand sie darauf, dass auf diese Weise die Geschichte bitte nicht geschrieben werde. Denn schließlich habe sie mir bereits bei jener Abfuhr bedeutet, in meinen Gesten und Handlungen läge eine unabweisbare Ambivalenz, die auch nach meiner Zurückweisung erhalten blieb, und ich sei es gewesen, der ihren Knöchel zuerst berührt habe. Darin liegt Großartigkeit.

24. November 2016 11:45










Nikolai Vogel

Große ungeordnete Aufzählung (Detail)

Flusslandschaften,

23. November 2016 23:05










Gerald Koll

Das fünfzigste Jahr (101)

23. November 2016, ein Montag

Morgens sehr kalt, der Winter ist da. Trotzdem auf das Fahrrad, um zum Prenzlauer Berg zu radeln und das Zipperlein-Knie in Bewegung zu bringen. Dort, in der Bäckerei, wo ich wieder mal gern lesen würde, sitzt R. Kein Entrinnen. Es ist schwer, gute öffentliche Plätze zum Lesen zu finden.

Dank Kytta-Salbe ins Aikido gegangen. Verhohlener Ärger gegen J., die dauernd in ihre Partner hineinlief. Also ein Test in Demut, Toleranz und mildem Gutsein, und so lächle ich und bitte im Anschluss um ihren Rat … und wieder wird das Tagebuch zum Gulli, zum Abfluss des Ungesagten, dessen, was vor der Welt nicht zur  Sprache kommt. Daher wohl auch das unproportionale Ausmaß des Selbstmitleids. Mein Tagebuch ist kein Spiegel, keine Chronik, es ist die Tonne meiner Abwässer.

Und wieder am Riesenrad vorbeigefahren, durchzuckt von der Erinnerung an Kitty, die dort in der Gondel auf Sex drang – trotz/wegen der Zuschauer der Nachbar-Gondel. Das Tagebuch-Schreiben hämmert die Erinnerung fest – auf diese Weise wird sie erst recht fixiert und zur fixen Idee. Das Tagebuch wirkt präskriptiv, das Erinnern stellt Weichen für die Zukunft.

Allein ins Kino, in Ewige Jugend von dem italienischen La Grande Bellezza-Regisseur Paolo Sorrentino, der seine Zuschauer mit einem wirklich gemeinen Köder lockt, nämlich mit einer Miss Universe, die nackt zu alten Männern in den Pool steigt. Oft wirkt diese Zauberberg-Variante mit seinen vielen Stillleben und Ruhebildern recht kunstliebhaberisch, aber immer noch fällt genug ab, um eindringliches, intellektuelles und sinnliches Arthouse zu sein.

Seltsamer Schriftverkehr mit einer Regensburger Choreografin, die mein Japan-Buch zu einem Tanzstück transformiert hat. Ich hege gelindes Desinteresse, wahrscheinlich snobistisch geworden durch die Arbeiten von Meg. Gleichzeitig aber reagiere ich empfindlich darauf, dass im Programm mein Name zu „Kroll“ verschrieben wurde. Ja, was denn nun?

23. November 2016 10:09










Nikolai Vogel

Große ungeordnete Aufzählung (Detail)

das dunkle Wasser der Isar im Herbstlicht eines sich zuziehenden Spätnachmittags,

22. November 2016 18:18










Gerald Koll

Das fünfzigste Jahr (100)

22. November 2015, ein Sonntag

23 Uhr. Soeben heimgefahren durch die Stadt und im Auto das seltsame Gefühl gehabt, ich müsse sehr aufpassen, denn sonst geschähe ein Unfall. Vielleicht vor Glück. Vielleicht wegen des Gefühls, der Tag sei zu gut gelaufen.

Dabei war es vorderhand kein besonderer Tag, denn auf dem Aikido-Prüfungslehrgang bin ich ja nicht geprüft worden. Aber ich durfte angreifen, gehörte also zu den Ukes für E. und M., die den 1. Dan machten. Das ist großer Spaß und genau das, was ich mir erträumte, als ich vor fünf Jahren begonnen habe. Dass mein rechtes Knie an seinen Haarriss erinnert, nehme ich hin, solange es nicht bricht. („Wenn es sich biegt, ist es komisch; wenn es bricht, nicht.“ Verbrechen und andere Kleinigkeiten, Woody Allen) Nach dem Lehrgang blieb ich im Dojo, pflegte den Hakama, das kostbare Stück. Entfusselt, geglättet, gefaltet. Las Proust. Wartete auf das Training am gleichen Abend.

Dann in Woody Allens Irrational Man, das war recht hübsch. Es ist kein Großwerk, eine vielleicht sogar etwas boulevardeske Mördergeschichte, aber nett anphilosophiert (Kant gegen Sartre, Rationalismus gegen Existenzialismus, Ethik gegen Ästhetik), mit einem guten Joaquin Phoenix und einer leicht dahinspielenden Musikalität, die mich diese Idee mitdurchspielen ließ – seine Meisterschaft im Kleinen.

Frau S. (…) Es liegt Ironie darin, dass ich mich am attraktivsten derjenigen darstellen kann, auf die ich es nicht angelegt habe. Psychologisch kein Riesenrätsel.

22. November 2016 10:44