Gerald Koll
Das Servieren des Tees an die Wartenden erfolge, sagt der namenlose Mönch, aus dem inneren Kreis im Uhrzeigersinn. Daraus folge, dass der Servierende, sobald er einem Wartenden serviert habe, sich nach rechts wende. Die Wendung möge jedoch nicht sogleich und brüsk erfolgen. Ratsam sei es, erst einen Schritt zurück zu tun. Ein Schritt zurück bekunde Respekt. Der Seitwärtsschritt zum nächsten Wartenden möge wiederum kein Ausfallschritt sein, als vollführe der Servierende eine Kür, die es zu bestaunen gelte. Wichtig sei bei alledem, dass Natürlichkeit gewahrt bleibe.
Denn schließlich: ein Akt der Liebe sei es doch, und Stöcke warteten im Köcher.
Gut seien Stöcke, sagt nach zelebriertem Tee der namenlose Mönch mit Monopol zur Wortanwendung, um Gedanken zu vertreiben. Wer beim Meditieren in Gedanken verfiele, bekomme den Stock. Wer schlafe, bekomme den Stock. Wer sehr gut meditiere, bekomme ebenso den Stock, damit er noch besser meditiere. Doch in diesem Sesshin lasse er die Stöcke stecken, und mit dem Lächeln befriedeter Herzlichkeit grüßt der namenlose Mönch zur Nacht und sät einen Traum, in dem die Russin vom Ural einen starken Stock zückt und in unbedingtem Grimm eine bezwingende Attacke reitet.
21. August 2012 09:41
Hans Thill
durch Bach und Wälder, über Fels und Schatten;
als es kaum Schatten gab, es sei
denn wir schliefen schräg in den Tag hinein, den
stolzen Wald. Mit Wanderstiefeln
traten wir den Bach, die Steine, wenn
die Bäume, bärtige Frauen, auf
uns niederschauten
Errait le fier troupeau des Centaures sans nombre ;
17. August 2012 16:04
Andreas H. Drescher
(Jogi gewidmet)
Ein Trost
dass dich das er
wartet Der neue Himmel den du ein
gezogen hast Ein Himmel dessen ABC du
nicht mehr nur ein D bist
Landdungssicher schwere
los findest du d
ich wieder Zugleich Helios Straßen
kehrer und entgrenzter Arzt d
er sphärischen Dreieinigkeit
Es war sehr gut sagst
du in deine Rein
form ein Der Tief
gang deiner Höhenluft als Gänse
haut
Konzertreif bist du dir ganz
ohne Arbeit Verstehen und Er
gänzen Leicht verschwindet alles was n
ich
t leicht ist
Höhen er
geben Geselligen Grüns die Gastl
ichkeit der Edelgase Luftigste Leidenschaft der Leere
Lehre aufgehoben Später Sommer Fledermäuse aufgehorcht Ins
piration
15. August 2012 07:32
Hans Thill
Einst schweifte zahllos die Kentaurenschar
die Truppe wird geschoren oben im Parnass,
säuft zuvor die Gärten leer, die wir
für den Regen offen lassen. Wir
horchen an der Matratze unterm Dach,
den Schweif zu sehen, haben wir uns
die Ackererde über beide Ohren gezogen,
einst
Jadis, à travers bois, rocs, torrents et vallons
15. August 2012 07:06
Hans Thill
Hanns Grössel/José Maria de Heredia
Die Kentaurin
Dann kennt man das
und fragt: könnten wirs
gewesen sein? Froh wie Grössel,
größer als eine Hundertschaft, anfangs
Frösche in einem Teich, später viele
Pferde auf dem Plateau, Frauenköpfe
Caresse
La Centauresse
13. August 2012 23:35
Björn Kiehne
Es war viel Liebe in der Stadt –
ein Geruch über dem Asphalt
als gingen Gewitter nieder.
Wasserläufe unter den Plätzen –
ihre Wellen schlugen sanft
in den Endmoränensand.
Über den roten Dächern
stiegen Tauben auf –
Tau im Gefieder
und die Stille
märkischer
Seen.
12. August 2012 11:39
Gerald Koll
Man sage dem Zen, sagt der namenlose Mönch, wohl eine gewisse Strenge nach. Doch sei’s ja in Wahrheit forschende Liebe. Zen sei nicht so intensiv wie Kensho seinethalben, aber dennoch sei Zen mehr, als einfach da- und vor sich hinzusitzen. Wem die Nase pfeife, der möge das Gesicht sich reiben.
Habe jemand Angst? Wer Angst habe, habe sie gemacht. Wer der Welt mit Angst begegne, bereite ihr welche. Jede Angst existiere nur durch den, der sie habe. Eine Sache der Verantwortung für die Welt sei es, keine Angst vor ihr zu hegen, dass die Welt sich nicht sorge und verteidigen müsse gegen sich.
11. August 2012 07:53
Mirko Bonné
1-Meter-Lauf der Gartenkräuter
Zieleinlauf
Bahn 1: Pimpernelle (FRA) 5 Mon, 28 Tg, 17 h, 3 min, 26 sec
Bahn 2: Zitronenmelisse (DEN) 5 Mon, 27 Tg, 23 h, 23 min, 17 sec
Bahn 3: Schnittlauch (GER) 5 Mon, 28 Tg, 12 h, 25 min, 19 sec
Bahn 4: Kerbel (GB) 5 Mon, 27 Tg, 22 h, 58 min, 38 sec
Bahn 5: Bohnenkraut (RUS) 5 Mon, 27 Tg, 23 h, 15 min, 42 sec
Bahn 6: Petersilie (USA) 5 Mon, 29 Tg, 2 h, 5 min, 54 sec
Bahn 7: Thymian (GR) 5 Mon, 27 Tg, 22 h, 55 min, 3 sec
Bahn 8: Minze (ITA) 5 Mon, 29 Tg, 12 h, 3 min, 19 sec
Bronze: Bohnenkraut
Silber: Kerbel
Gold: Thymian
*
10. August 2012 21:29
Gerald Koll
Ich will mich sitzen lassen. Ich bin Krieg. Silben, Fragmente, Splitter und Schrapnelle schwirren durch vierzig mal sechzig Sekunden. Verschwunden, ehe sie Wort und Bild geworden. Vergraben in Verstecken im Ich-Gebüsch. Zerhacke Synapsen. Krämpfe. Keuche. Diese Schwere! Zu spät beziehen Traumabwehrraketen Stellung. Unkoordinierte Wortbildungsabbruchmanöver. Kaum ermüde ich im Wachposten, formieren sich Heckenschützen zu Bataillonen. Mobile Bildbrigaden verteidigen das Land, das ich verwüsten will um meines Friedens willen. Selbstvergewaltigt räume ich das Sitzschlachtfeld.
8. August 2012 13:47