Gerald Koll
19:17
Der Maler stiller Leben malt still
vierzigfünfzig Jahre
mit Farben und Wasser Farben des Wassers
mit liegendem Boot mit stehendem Mann
während über Planken, Rumpf und Rippen
Wellen streichen
Man hält still für den Maler stiller Leben
seine Pinsel streichen Farben des Wassers
mit Farben und Wasser vierhochfünfzig Jahre
(Gedichtzyklus in acht Uhrzeiten entstanden auf der Lotseninsel Schleimünde vom 23. auf den 24. September 2010, als bei Vollmond der Sommer in den Herbst überging)
5. Dezember 2010 17:18
Nikolai Vogel
Das Weiß wächst die Wege hoch und draußen toben Eisbären. Eine Läuferin mit beschneiten Wimpern. Die Luft als Vorhang.
-> Der erste Schnee
1. Dezember 2010 22:49
Mirko Bonné
1
Niemand, der ihr zeigt,
dass sie da ist, kein Bein
auf ihr Herz gelegt.
Blickt unentwegt:
ins Blau des Tags
hinter Wolkennetzen,
wartet auf die Welt,
frisst sie, lacht,
träumt: bedeutungslos.
Vorbeifliegen Tage
und enden in Zacken,
Beinen, der Nacht.
*
30. November 2010 14:53
Andreas H. Drescher
Das siebte Zeitalter staucht, lange vor dem Kopf, den Bauch heraus und trägt sein Tragen mütterlich ins Ungesagte. Wasimmerihmdas, was immer ihr das einträgt. Garagenlandschaften am Ende. Aber wer will schon vom Ende reden? Das Lindenholz versteckt sich in sich selbst, um aus dem Schraubstock zu finden oder gar nicht erst hinein. Mit diesem Hibiskus-Heulen, das die Stadt zum Dorf schwemmt. „Willst du?“ „Willst denn du?“ Schließlich reißt sie die Geburt in die Garage.
30. November 2010 14:21
Hans Thill
DAS NÄCHSTE DORF zog sich, zog sich mit Wegen bis zum hohen Hahn. Vor den Garagen trocknete Mais und ein rotes Salz, das man sich auf die Wunde streut. Wir gingen in die Apotheke, kauften Tränen. Bei dem großen Scheunentor lag ein Student unter einem Stein.
30. November 2010 09:43
Kerstin Preiwuß
mit einer stahlfeder in den himmel gekratzt
der himmel wie ein blatt
papier dahinter
ist alles ganz schwarz
25. November 2010 11:41
Andreas H. Drescher
Das sechste Zeitalter ergießt sich selbst als Tee. Sachte sucht es seinen Mund in einer Tonne. Sachte sucht es seinen Mund in allen Dachtraufen der Stadt. Der Sturz ist einwärts in sich selbst gedreht. Ohne Feuchte, ohne Blau und ohne Horizont. Das Weichbild der Stadt winkt sich die Vorstädte herein, die Dörfer, allerdings Linden. In der Hoffnung auf einen Arm zu dieser Hand. „Die Evolution des Empedokles!“, flüstert etwas. Gänsehaut steht ab sofort ganz für verwandtschaftliche Freude.
23. November 2010 10:08
Hans Thill
DAS NÄCHSTE DORF lag bei einer umgestürzten Wassertonne. Männer in Blau rauchten über dem Holz. Am Ortsausgang die winkenden Kinder. Kalt und zackig lag das Buch vor dem Rathaus, ein Kommando für Fuchs und Wolf. Mit der Wäsche an der Leine wischte sich der Himmel frei
23. November 2010 09:56