Andreas H. Drescher
NOCH EINMAL GRIECHENLAND
In den Schulen singen die Kinder
während das Feuer ihre Dörfer erreicht
In den Schulen singen die Kinder
während das Feuer ihre Dörfer erreicht
einmal in den hirschen sein
mit ihren augen den wald erblicken sich
auf klauen fortbewegen im laub
auftreten und nichts anderes kennen
sich in den fang der füchsin verlieben
ihre blitzenden zähne sich an die kehle wünschen
die flanke zittern lassen ein geräusch
ausstoßen das sich von einem körper zum nächsten trägt
dachs hase reh neigen ihre köpfe
einmal unter der krone aus blättern sein
das laub niedertreten
am lieblingsbaum kurz rasten das geweih
in ein anderes verhaken den kopf heben und rufen
rufen
den waldrand beäugen
sich nicht verführen lassen.
Manchmal weißt du nicht
wohin mit all den Straßen
und den Wiegenliedern
im Gepäck. Leb meinen
Traum, hat er gesagt,
und ließ dich allein.
Du irrst durch die Stadt,
untertitelst den Regen in
einer Sprache, die du
nicht verstehst. Wohin
treiben die Wolken, wohin
treibt dieser Tag, wo
enden die Straßen, wo
endet dein Vertrag.
zwischen wach
und wacher geteilt in schweiß und brand war
es so mein schrecken in kindlichen fiebern? die stiegen
mmmmin einen körper den es noch nicht gab oder
nicht mehr. der fror. eine blühende haut um
mmmmdie geister sich scharten. sommer in den kapillaren
mmmm mmmmder zweige vor dem fenster und das gesumm
mmmm mmmm mmmmaus dem zimmer nebenan geweht in mein draußen:
irgendein keim… übern weißen fleck wand lief das stirnding
mmmmdas geht jetzt um auf wunderlands äckern also vorbei.
orientieren nach
echos echo
tieren nach dem mit dem horn über die
augenweide fand ich nicht heim machte nicht halt… her
mmmmwas kalt macht! löffel wie widerworte auf die zunge
gezwungen bis die schatten schulter an schulter zusammen
mmmmgewachsen – vater mutter die ausgedachte schwester und alle
mmmm mmmmtröstlichen gesichte – gegen morgen hin zu keinem verschwammen
mmmm mmmm mmmmim lichte der erde aus kunststoff meiner einzigen
lampe. was könnte friedlicher sein als die hitze vergangen
mmmmunterm gegenzauber eines pilzes die rückkehr aus langen ferien
von allem
die begrüßung
der dinge die man wiedererkennt nach der umschrift
früherer rezepte: verdünnung aufguss surrogat. das märchen von zuhause.
mmmmaber da stand das haus. die leergeregnete kirsche und
der rest der welt. mad as a hatter
mmmmhöchstens noch die wühlmaus die aus ihrem garten
mmmm mmmmunter dem rasen nichts vertrieb sowie das wetter
mmmm mmmm mmmmdas über die scheiben strich und schrieb. genesen
sagte mir nichts. zur nacht wurde es klar. verankert
mmmmin ihrem funkelpelz der baum. das tropfen. es hieß
fort gewesen.
Einmal gab es eine Frau, deren Vater starb, als sie im Urlaub war. Sie erfuhr am Telefon davon. Sie erholte sich und lebte weiter. Vier Jahre danach hatte ihr Stiefvater einen tödlichen Autounfall. Sie erfuhr am Telefon davon, fuhr zum Unfallort, saß drei Tage an seinem Bett, bis er gestorben war, und lebte weiter. Zwar blieb sie äußerlich unbeteiligt, aber sie hatte von allem doch einen inneren Schaden genommen, so dass sie beschloss, um zukünftigen schlechten Nachrichten entgehen zu können, sich in die Einsiedelei zurückzuziehen. Sie zog in eine Höhle und richtete sich dort ein. Es war wie im Himmel, denn nichts von der Welt drang mehr zu ihr. So lebte sie ohne ein Gefühl für Zeit und es war gut. Eines Tages jedoch hörte sie dem Vogelgesang länger zu und bemerkte dabei, dass sie ihn verstehen konnte. Entsetzt lief sie in ihre Höhle zurück, aber in der Höhle begriff sie, dass die Steine murmelten und sie das Gemurmel der Steine verstehen konnte. Die Vögel sprachen, die Steine sprachen, und alle erzählten sich, wer gerade aus der Welt geschieden war und wer es bald tun würde. So erfuhr sie, die sich an einen Ort begeben hatte, der wie außerhalb von allem war, von allem zuerst.
23. März 2010 13:38Heilige
das Laken darauf
ein gelangweilter Körper
dem der Kopf hinterher nickt.
Eine Ameisenkönigin
die sich zwischen Sonnenstrahlen
und windiger Nische auf die Dielen wirft. Dreht
immer im Kreis sich dreht mit
feuchten Flügeln Taille
Holzfehler und Kerben
an den krummen Zehen
Wie Christusfüße
ein Aufbegehren
andauernde Visionen und
auf das was geliebt wird
pisst der Kater.
Landschaft nur Häuser und leere Balkone verstädtert
die Haut die Blicke die gebogenen Füße immer noch
ein Brummen des Kühlschranks
Mittagssonne
Schlaf
fernsehen.
Steine die aus der Haut wachsen
Im Hinterhof ein Rudel Hunde.
Erste Stimme: Ich wache auf und stehe auf und sehe nichts. Nichts! Pure Unsichtbarkeit von allem, Unkenntlichkeit, formlose Finsternis, dunkle Blendung.
Zweite Stimme: Sehen Sie an! Ich aber sehe jederzeit alles vollkommen klar bis in die feinsten filigransten Verästelungen hinein, völlige Klarheit aller Formen, grenzenlose Sichtbarkeit, grenzenloser Sturz in nichts als Transparenz! Ich sehe Sie in der selben Klarheit.
Erste Stimme: Rabenschwarz, Rabenschwarz jetzt, rabenschwarze Tür, durch die ich gehe in einen rabenschwarzen Gang, durch den ich gehe in Rabenschwarz hinein. Rabenschwarz, Sturzbäche von Rabenschwarz nach allen Seiten weg, Eruptionen von Dunkelheit in Dunkelheit hinein, ein Gestöber von Schwarz in Schwarz, Rabenschwarz.
Lassen Sie mich nachdenken: Träne im Knopfloch, Unterwasserauge. Niemand sieht den, der sieht. Ich wünsche mir nichts, überhaupt nichts. Mir kann alles gestohlen bleiben.
Blutschwarz, Bluthusten, Erbrechen von Gesangspartikeln. Lieber Herr Gesangsverein! Es ist doch so: Sie gehen auf die Straße, das Zischen der Forsythien in den Vorgärten, Zischeln, Tuscheln, dabei Brummen von Asphalt im Untergrund. Was soll man machen.
Dritte Stimme: Ich bin nicht geneigt, Ihnen weiter zuzuhören!
Vierte Stimme: Die Welt krankt an Achtlosigkeit. Davon bin ich völlig überzeugt. Alle sind achtlos, jeder ist mit irgend etwas anderem beschäftigt, völlig fixiert auf irgend etwas Beliebiges. Daher geht alles zugrunde.
Erste Stimme: Eng, eng ist es. Wie eng! Um Himmels willen! Eng ist es. Man kommt überhaupt nicht mehr heraus, fest hängt man, schreckliches Geflecht, Druck von allen Seiten, Quetschungen, Blutergüsse. Allmähliche Blaufärbung. Zwetschgenschnaps.
Vierte Stimme: Niemand sieht mehr hin, niemand hört mehr hin. Völlige Achtlosigkeit.
Erste Stimme: Ich gehe hier so lang, es ist Nacht, die Mondtrompete schmettert ihr Unterwasserlied, Echo von allen Seiten. Algenphantasie. Man könnte den Raum in feine blaue Scheibchen schneiden. Würde munden. Auch als Pupillenkosmetik geeignet, sanfte Applikation, natürliches Heilmittel.
Dritte Stimme: Schreiten wir also zur Grundsteinlegung.
21. März 2010 13:49DU KUNG
ICH KUNG
WIR KUNG
Carlo Edoardo Lischetti
19. März 2010 14:15So hören alle Träume wohl auf
wachsen nicht sondern gehn drauf
was solls mich kümmerts nicht mehr
mehr wollen will ich nicht mehr
ich fürcht mich nicht nicht ein Stück
ich seh zu wie sie weggehn nur weg
aber ich weiß noch, wir waren jung
waren die die sich gebärden wie Müll
die mit dem Sinn für Stil das Gefühl
vermitteln du bist im Recht
weißt du nicht du bist im Recht
ich fürcht mich nicht mehr ein Stück
ich behalte die Türe im Blick
aber ich weiß noch …
Geheul und Gezeter für dich
noch mehr Aufhebens um dich
spiegelt einen Punkt in der Zeit
einen bestimmten Punkt in der Zeit
ja wir vergeudeten bloß Zeit
wir hatten nicht wirklich Zeit
aber wir wissen … wir waren jung
und alle ihr Engel Gottes gebt acht
und alle ihre Richter gebt acht
ihr Glückskinder passt gut auf
auf all die Verschwundnen zuhauf
ich fürchte mich nicht mehr
Joy Division
*
Album (4), 2002
*
17. März 2010 18:36