Andreas H. Drescher
Von Socken gesteinigt
in denen ihre guten Wünsche
nach Patent-Art eingeschlagen sind
Patente für Zikaden-Zehen
Im Pfützenspringen verhärtet
Dem schmalen Eisdank
ist nicht zu entkommen
Nicht der Astronautenmütze
Nicht der Karnevalsangina
Offen eingekreuzt die lange
lange Unterhose
Weiche Vögel auf dem Sofa
auf ihrem letzten Weg zum Wald
24. August 2021 22:41
Tobias Schoofs
wir streifen im hörkanal zwischen
rauschender brandung und dem fast
artikulierten klappern der palmen
phonetik so saumselig wie muscheln
tang und kaum verstandene sprachen
das nicht weit vom stamm gefallene
wie obst in einem anderen herbst
du hebst es auf fügst es zusammen
zu sätzen zu wellen im hirn
23. August 2021 18:08
Konstantin Ames
!!Dieses Gedicht kann in Sachsen Kopfverbrechen auslösen!!
Nicht jeder blick nah kein dorf spät
Ein schloss frei jeder bauer fern
Jeder fremde fern · ein tag spät
Jedes Haus dunkel · 1 auge tief
Nicht jedes schloss alt jeder tag alt
Aus „An des ereignisses vortagsnachmittag (verschönert)“
20. August 2021 12:59
Christian Lorenz Müller
Diese Krankheit ist gefährlich!
Diese Krankheit ist gefährnich!
Diese Krankheit ist gefährnicht!
Diese Krankheit gefährdet nicht!
Diese Krankheimp gefährdet nich!
Diese Krankhimpf gefährdet mich!
Diese Krankimpf gefährdet mich!
Diese Impfung gefährdet mich!
17. August 2021 08:41
Christian Lorenz Müller
Abends summt sich dein Blick
in die Blumenwiese, hummelt
rund um die Blütenkerzen
des Blutweiderichs.
Das rispig gewordene Sommergras
nickt dir zu. Für Augenblicke
stehen alle Rasenmäher still,
die Akkus der Gartentrimmer
sind leer. Borretschblaues Glück,
von dem etwas
pollig an dir kleben bleibt,
honiggelbes Licht
auf dem Hang des Küchenackers.
27. Juli 2021 09:02
Mirko Bonné
Wie oft fahre ich diese Strecke, im Schreckenszug
von Hamburg nach Berlin und retour, dreißig, vierzig
Mal im Jahr? Und das zwangsweise. O Mecklenburg,
alte Saatkrähe, die das Verwelken gestoppt hat. Du
weißt, was Oscar Wilde meint: Die einzig schönen
Dinge sind die Dinge, die uns nicht betreffen. Hier
hat alles erfundene Namen: Plauen, Nauen, Guben,
Dassow, Sassow, Nuben. Ich sehe aus dem Fenster
wie hinein in einen rasend ablaufenden Traum, und
der Gespensterintercity mit seinen darin spukenden
Angstgestellten fegt durch den Rest eines Weilers, wo
Ladas und Wartburgwracks in Vorgärten vermoosen.
Hier war ich noch nicht. Und bin auch jetzt nicht hier.
Ganze Felderebenen unter Wasser. Oder voller Mais.
Und das Ich dreht sich verschämt ins Man. Man denkt,
hier kennt man jede Forsythie, jedes halbblinde Schaf.
Nichts da! Paulinenaue. Das war gestern noch Plauen.
Und plötzlich bricht der Zug durchs gläserne Schreber-
gärtenportal von Spandau. Und wieder sind hingebracht
zwei Stunden Leben. Sagt man dann Hauptbahnhof tief.
*
22. Juli 2021 01:16
Christian Lorenz Müller
I
Alles ich meins, ich mag es icht
wenn die Dinge verwirt werden.
Ich bin Anhängerin eines pragmatichen
Kollektitvichmus‘: Zusammenarbeit
nur dort, wo es mich macht!
Nein, das ist keine Possesichsucht,
das ist nur vernünftich.
Wenn jeder auf mich selbst schaut,
ist jedem geholfen.
Ichmichmiristan heißt mein Staat,
dort regiert eine Könichin.
II
Nmein, das will mich nicht –
aber es ist icht so, dass ich alles vermeine.
Resichnation kommt nach
der Erkenntnich.
Kulturpessichmichsmus ist leider
aus der Ode, genau, keiner,
der noch Oden, das Erhabene –
alles so schmerzich, schmerzich
spüren Sie mich icht, wie weh
es mir – ich wohne in Gramland,
ganz unten im vierten Stock, sie werden
den Aufzug icht finden.
20. Juli 2021 09:21
Konstantin Ames
für Marius Who Hulpe
niechts so undenkbar wie Munds Mund
der Mund wird nicht müd/ dem Mund wird nichts schön
niechts ist so leicht zu haben wie Munds Müdigkeit
denk dir die Zunge als Adler/ Zähne als Tasten
niechts so kitschig wie Wind im Dickicht
dehn die Ohren mit/ Müdigkeit wird in Ewigkeit nicht Mund
Ichs Ist und Ist ist ein Tintenfass ist ichnass
Lippe wenn zittert/ Mund dann verbittert
Luthers Nase reizte selbst Lavatern nicht weshalb
Des einen Gnade/ Des andern Luhmannkalb
Kranich halb und halb Konterfei
Einem Mensch sich nähern/ Einem Knie
* Titel des Gedichts wurde kurzerhand umgeändert. Wer das dem Clan verrät, kriegt in 13 Jahren ne Tür ins Kreuz gezimmert, vielleicht sogar eine wahre …
15. Juli 2021 18:13
Mirko Bonné
Auszug
(…)
Bücher an die Straße gepackt,
auf die violette Backsteinmauer,
die in wärmeren Nächten immer
dieser junge Igel langtigert: Marx,
Manifest, Uhland, Gedichte, 1984
mit den Anstreichungen von 1984.
Ottmar Elliger d. Ä., Die Stillleben.
Ottmar Elliger d. J., Die Stillleben.
Irgendwann findet jemand heraus,
nicht nur alle Gemälde der beiden
malte der Sohn, er erfand einfach
den Vater, er wurde sein eigener!
Oscar Wilde liegt keine Minute da.
Der Gärtner hat einen dottergelben
laubbläserartig röhrenden Rollator,
an Don Quijote aber kein Interesse.
Auf Mascha Kaléko sitzt ein Sperling.
Während sich die Zimmer leeren und
in Kisten wandert ausnahmslos alles.
Ensemble schließt das alte Kapitel.
Das zitierte ist das wahre Leben,
die letzte unleserliche Schrift
Staub aus vier Sommern,
vier Sommer lang Staub.
(…)
*
11. Juli 2021 22:10
Christian Lorenz Müller
Abendlicht samtet auf den Hängen.
Hier unten im Schatten
tragen wir Kannen voller Kühle
zu den Beeten, ein Lachen gluckst
zwischen den Bohnenstangen,
überraschte Schreie spritzen
in die beginnende Tropennacht:
Mitten in der Tageshitze
wuchs die erste Gurke, speicherte Wasser,
wo nur noch Staub statt Erde ist.
Wie durstig wir sie mustern,
grüneres Wunder, aus dem wir trinken,
wenn es in Scheiben
auf dem Teller liegt.
6. Juli 2021 10:07