Thorsten Krämer

Near Oxford, Mississippi

Ein Totenbild. Sie sind nicht da, nur
Referenz, ein Nebel, der sich um deine
Schultern legt.
                  Verdünnisierte Entitäten
ohne Halt sind sie, die Toten. Ihr Atem
stirbt als letztes, er transportiert Bedeutung
bis tief in deine Lungen.

28. Dezember 2014 12:57










Tobias Schoofs

IM BLICKFELD DER TOTEN

schreib das hier noch eben zu ende
und dann nimm endlich die pillen

man bleibt im blickfeld der toten
doch schaut man sich um
schließen sie hastig die fenster
der beamte reicht mir ein foto

auf dem ich mich selbst erkenn
und sagt: es spielt keine rolle
ob die bilder den lebenden gleichen
man bleibt im blickfeld der toten

schreib das hier noch eben zu ende
und dann nimm endlich die pillen

26. Dezember 2014 23:59










Markus Stegmann

Stranden

Im Bleikristall der Nacht stranden
deine Lippen legt sich die kalte Hand
Helium im Herzen der klaren Luft
um erblindete Kirschen am
versehentlich berührten Knie

24. Dezember 2014 12:16










Claudia Gabler

Ans Grüßtkind

IXG wünschte mir nut und nut nichs anderes als:
ein großes nierenförmigez Zofa mit Schaftfungzion
und ein schönets weihnachtsfezz.
Lazz mich nich verzauern BIETTE
dein Zwunsch ist eigentlich gar nicht allein, äh dein
….. (((Ich gönnte mich TODlachen, weizt du,
wie es an Weihnachten übblich ist, wenn ich die anderen
gruppiere)))

23. Dezember 2014 19:26










Christian Lorenz Müller

Dass es genügt (Krajina, 1995)

Gelb war ihr Besen, sie wimperte geduldig
Staub von den Pflastersteinen.
Die Rosen in den Rabatten
längs der Einfahrt
verbargen ihre Stacheln
unter gehäufeltem Stroh.

Noch zwei Tage bis Weihnachten
und keine Spur von Schnee.
Auf dem Asphalt vor dem Nachbarhaus
glitzerten zerscherbte Sterne.

In Zagreb hatten wir erfahren,
dass es genügt, in der Küche
die Gasflasche aufzudrehen
und nach ein paar Minuten
durch ein Fenster zu schießen.
Rußkajal umzog den Rahmen
der Terrassentür, im Moment der Explosion
ein weit aufgerissenes Auge.

Wind kam auf, schleierte Asche
aus dem verkohlten Dachstuhl.
Sie staubte vor den gelben Besen
und wir hörten ein Seufzen,
als wir ratlos ein paar Schritte machten,
die zerscherbten Sterne zerknirschend.

22. Dezember 2014 11:17










Christine Langer

Staub oder Schnee

Ist es Staub oder Schnee der durch
Den Fensterspalt rieselt
Luftig leicht Sonaten von Bach
Eisglasperlen verzerren Perspektiven
Ein einzelner Tropfen wandert ins Meer
Die Farbe Blau verliert im kalten Licht
Der Winterhimmel hüllt Schlaf in abgelegten Schichten
Die aufgeschüttelte Bettdecke hängt
Als schiefer Buchstabe über der Matratze
So warm wie das Fell einer Katze beginnt der Tag

21. Dezember 2014 18:21










Gerald Koll

Weiße Wasser (2)

(Kapitän Rafa aus Cadiz im Oktober 2013 in Muxia.)

18. Dezember 2014 12:16










Gerald Koll

wetter im berg (2)

17. Dezember 2014 13:04










Mirko Bonné

Lima

Die Überschwemmung von Passau,
da sie unabwendbar ist, was bringt sie
auf dem Weltklimagipfel, was trägt
sie ein? Schneller als die Alpen-
gletscher schmelzen, werden Dürren
in Australien, kalifornische Buschbrände,
Bangladeshs Überflutungen und der Untergang
des Inselreiches Tuvalu verschachert
und zu Profitmasse. Klimawandel,
Klimahandel. Ein grüner Himmel
steht über Lima am Abschlusstag
der Konferenz, so leuchtet das Meer,
und Wolken aus Staren durchrauschen
den Hafen Ancon, bei deren Anblick einer
wie Auden dächte, ein jeder sollte gleichgültig
wen lieben, oder wir alle sterben, was allerdings
Auden etwas drastisch erschien, weshalb er schrieb:
Lieben müssen wir einander und dann sterben.

Für Uli Schreiber

*

15. Dezember 2014 12:04










Sylvia Geist

Feuerlager

Oktober, wir lachten noch draußen
über die Fallen, die aus Komposita
jedes Kind basteln kann, als ihr
Zeppelin im Windlicht landete.

Die kenne ich, sagte ich, gestern
tauschte sie ihren Platz im Nest
gegen einen auf dem lauen Mond
über der Haustür, so vermisste sie

den Sommer, jetzt ist sie Urne
eines hochkalorischen Kicks
oder Wärmewabe, je nachdem,
was du vorziehst. Das Flämmchen

knisterte, roch nach Lagerfeuer,
wir sahen, etwas blieb liegen
von der Pilotin im Feuerlager,
das schien wie eine Laterne

aus unbeeindrucktem Papier,
und was am Ende zu stehen hatte,
die Hornisse, ging und ging lange
auf im Rauch des Flugapparats.

9. Dezember 2014 12:00