Mirko Bonné
Unter Rosen
Plötzlich unter den Rosen,
Worte über meinesgleichen
auf den Lippen und meine
Ansichten von Rosen.
Spaliergeschöpfe ihr,
von April bis September
vertraut mit der Vorsicht
der blassen Postbotin,
ihr wehrhaften Blumen
in den Menschengärten
wendet das erloschene
Gesicht zur Sonne?
Laut euren Duftnoten
ist es etwas komplizierter.
Kein Absender, kein Datum,
und die Stempel verwischt.
Also bitte, liebe Rosen,
wo ist das Problem?
Ihr habt Dornen,
ich Zähne.
*
12. Juli 2024 12:25Christian Lorenz Müller
WILDROSE
Monatelang struppt Gestachel,
in sich selbst Verwirrtes Wildbogiges,
einwärts Gekralltes,
das in einem trockenen Winkel dauert,
nur für den existiert
der mit dem Ärmel daran hängenbliebt,
kein Fluch ist scharf genug
für ihre Dornen, und dann
im Juni, verhundertfacht sie sich
von heute auf morgen,
schutzlos ungefülltes, duftleichtes Rot,
alle Blicke sind Bienen,
bestäubt von zwei Wochen Schönheit
die hagebutten vergeht.
Christian Lorenz Müller
VERÄNDERUNG IST IN JEDEM FLÜGELSCHLAG
Aber noch immer gibt es Augenblicke,
in denen ist alles anders, jener Moment,
in dem die Zahl der Eintagsfliegen
mit dem der Photonen übereinstimmt,
das Licht sich in den Abend erhebt
statt aufs Wasser zu fallen,
in Wellengestalt flussaufwärts zieht,
Teilchen neben Teilchen, Veränderung
ist in jedem Flügelschlag,
in jedem kurzen, filigranen, vergeblichen Leben.
Björn Kiehne
Das Ende der Welt
Sonntagmorgen, die Clubs sind zu,
auf der Autobahn rauscht kein Verkehr,
nur die Blätter der Pappel im Hof
rauschen wie ein endloses Meer.
Auf dem Küchentisch liegen Wörter,
fein säuberlich geschnitten aus Papier,
bilden Sätze, Zeilen, Geschichten,
über die Welt, erzählt von dir und mir.
Eine Amsel singt, eine andere antwortet,
wir ahnen, wir glauben, wissen schon,
unsere Gedanken auf ihren Liedern,
die Welt, ein verhallender Ton.
16. Juni 2024 06:22