Gerald Koll

Das fünfzigste Jahr (151)

14. Februar 2016, ein Sonntag


14. Februar 2017 10:39










Sylvia Geist

Klärung

Mitnichten sei das Schwarz der letzten Gemälde
ein Vorbote, so seine Tochter. Ihr Haar ist direkter
Nachfahre der späten Palette, ein Strich so satt,
dass er bis nach Texas reicht. Wohin es mich zog,

seit ich zum ersten Mal aufbrach vor Tagesanbruch,
vierjährig, auf dem eisblauen Sitz in schlafrotem
Pullover und in Erwartung, nicht wissend wessen.
Eine Kordel hielt die Nacht im Fenster des Fiat

und die Strähnen vom Anfang zusammen. Ich floss
ein in den Asphalt und die Wand, den Wald, Amseln
zeichneten sich ab im Gedächtnis und dunkelten nach
auf den Masten in Texas, das ein Land aus steinaltem

Tannenhonig war, eine Leinwand, die das Schwarz
aus den morgentraurigen, formlosen Dingen sog,
es schluckte wie geschmolzenen Zucker, einer Kapelle
aus Amseln zum Futter, da wo die anfangen in Texas.

13. Februar 2017 13:07










Gerald Koll

Das fünfzigste Jahr (150)

13. Februar 2016, ein Sonnabend

13. Februar 2017 12:43










Markus Stegmann

Verfangen

In der Menge
des Pigments verfangene
Hälfte des Gesichts
die andere verwischt
hebt und senkt sie sich

Dein Blick blieb
dennoch darin hängen
aus der Ferne
erdiger Fleck
an der Wand

Zu: Eugène Leroy, Autoportrait, recherche de volume, 1953

12. Februar 2017 23:13










Tobias Schoofs

WELTEN

vom meetingraum der blick auf den
wohnblock wie unterschiedlich die
welten da und bei uns hier putzen
männer die vom dach aus abgeseilt

werden die fenster sie tragen schutz
helme da putzen waghalsige frauen
sicherungslos über dem abgrund und
kümmern sich um nichts während

unsere putzer freundlich zurück
nicken wenn der vortragende grüßt

12. Februar 2017 20:11










Gerald Koll

Das fünfzigste Jahr (149)

12. Februar 2016, ein Freitag

Aufnahmen eines insulanen Wesens in nackter Landschaft. Aikido in Arrecife. (Die Tageszeiten sind austauschbar).

Nachtspaziergang.

12. Februar 2017 13:05










Gerald Koll

Das fünfzigste Jahr (148)

11. Februar 2016, ein Donnerstag

Aikido in Arrecife. Fotografische Aufnahmen eines nackten mythischen Wesens in insulaner Landschaft (die Adjektive sind austauschbar).

11. Februar 2017 18:23










Gerald Koll

Das fünfzigste Jahr (147)

10. Februar 2016, ein Mittwoch

Frau S. befiel während einer abendlichen Diskussion über das leidige Thema „Fleisch essen oder nicht“ eine mentale Übelkeit. Sie ging auf die Terrasse, ich hinterher, lockte sie auf das flache Dach: hinlegen, sterneschauen, weiteratmen.

Ich erzählte Frau S. meinen liebsten und meinen schlimmsten Traum, beide geträumt im Alter zwischen 20 und 30 Jahren: zum einen mein Heraustreten aus einem Hochhaus, dem Fahren mit dem Fahrrad auf hellem Kiesweg, dem Knirschen, dem Bretagne-Flair, dem Waldstück mit dem flachen Haus und den Liegen mit nackten Menschen mit Getränken und dem Ausruhen; und jener Traum aus wohl der gleichen Zeit: von unserer Familie in einer mexikanischen Gegend mit einsamer Kirche in windiger Steppe; mit der Schwester, die sich von der Portalspitze in die Tiefe stürzt und mit verrenkten gebrochenen Gliedern liegen bleibt, dann sich aufrappelt, wieder in die Kirche geht, wieder an der Spitze erscheint und sich wieder hinunterstürzt, immer wieder aufs Neue, so wie, so weit ich mich erinnere, auch die anderen Familienmitglieder. Das sind die bislang intensivsten Träume meines Lebens.

Dann Schlafen. Aber was für ein Geschlafe: ein Traum über das Haus von Helmut Schmidts Mutter (weder Haus noch Mutter sind mir bekannt). Man konnte sich diesem spitzgiebligen, grau-verputzten Häuschen auf einem schmalen Sandpfad nähern, der hinter dem Haus verlief. Man wusste, dass es Helmut Schmidts Mutter sei, die drinnen wohne. Keine erstklassige Gegend; vom Charme her eher Revensdorf. Ich wunderte mich sehr: Mitglieder der Schmidt-Familie, dachte ich im Traum, werden offenbar sehr alt, denn der verstorbene Helmut ist ja auch nicht mehr der jüngste gewesen – und die Mutter lebe also noch … so setzte ich den Spaziergang entlang der Zäune fort. Auslöser dieses Traums mag ein Foxterrier sein, der zu unserer Feriensiedlung gehört. Er heißt Loki.

10. Februar 2017 17:10










Konstantin Ames

La main à plume vaut la main à charrue Oder

eine ganz normale presseabteilungslyrik; wer wollte wirr redeln (vertere), wenn jeder vierte aufgab?

10. Februar 2017 12:35










Julia Trompeter

Lauschübung. Latenz

In Büsche huschende Buben
tuscheln Listen, husten in Schüben.
Wurschteln im Hüben, während im
Drüben dünne Cousinen was für
die Schnüffler zum Himmel lügen.
Künnten die Lümmel nur lüben,
die trüben Basen sich vergnügen.

10. Februar 2017 00:08